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»Musketiere!«
Musketiere! erzählt eine Geschichte über Mut, Freundschaft und den Wunsch, die Welt gerechter zu machen. D’Artagnan, hier ein junges Mädchen, will »Musketierin« werden – nicht, um sich zu beweisen, sondern, um etwas zu verändern. Denn im Land des Goldenen Croissants haben Egoismus und Selbstverliebtheit überhand genommen. Zusammen mit Pferd Holgär und dem enthusiastischen Portos begibt sie sich auf eine Reise, die zwischen Komik, Spannung und Gefühl balanciert.
Nach der Uraufführung bei den Salzburger Festspielen feiert Musketiere! nun in Wien Premiere. Die Geschichte basiert frei auf den bekannten Abenteuerromanen von Alexandre Dumas, aber sie ist von Grund auf für Kinder erzählt – der Humor ist klug und liebevoll, die Figuren zugänglich und überraschend. Und: Es gibt nichts, was Kinder »erklärt bekommen« müssen. Sie begreifen. Sie spüren. Sie leben mit.
Regisseur und Librettist David Bösch betont, dass die Musketiere für Solidarität und Selbstermächtigung stehen. Etwas, das Kinder intuitiv verstehen und Erwachsene manchmal vergessen: Alleine ist man stark. Gemeinsam ist man stärker. Gleichzeitig spielt der Abend humorvoll mit Rollenbildern: »Eine junge Heldin statt eines Helden zu erzählen, ist heute selbstverständlich – und zugleich wichtig«, erklärt Bösch.
Auch die Geschichte vom Goldenen Croissant, jenem Märchenobjekt, das sichtbar macht, wie sich Egoismus anfühlt – süß, glänzend, aber hohl –, wird mit einer Mischung aus Komik und Tiefgang erzählt. Bösch spricht von einer Balance aus »Unterhaltung und Bedeutung«, die in der Oper so austariert werden müsse, dass diese sich mit Animationsfilmen aus dem Pixar-Studio oder schlicht mit einem guten Jugendbuch messen lassen könne.
Die Musik von Sebastian Schwab ist leichtfüßig, frisch und voller Energie – die ideale Grundlage dafür, dass Kinder in die Oper eintauchen, ohne je den Faden zu verlieren. Sie zitiert keine barocken Tänze und keine historischen Duelle, sondern spricht die Sprache des Jetzt: rhythmisch, spielerisch, mit überraschenden Brüchen und Momenten leiser Wärme. Sie lässt D’Artagnan zweifeln und wachsen, gibt Holgär Raum für komische, aber auch verletzliche Töne, und trägt Portos’ Sehnsucht nach Zugehörigkeit mit sanftem Ernst. Und dann ist da der Live-Moment: die Atemzüge der Sänger:innen, die Vibrationen des Orchesters, das gemeinsame Lachen und Staunen, die kleinen Pausen, in denen das ganze Publikum kurz innehält. Nichts daran kommt von einem Bildschirm. Alles entsteht hier und jetzt, in einem Raum, den Kinder und Erwachsene gemeinsam mit Leben füllen. Die Bühne wird zu einem Ort, an dem Fantasie Wirklichkeit wird – nicht als Flucht, sondern als Möglichkeit.
»Kinder tragendie Welt der Fantasie noch täglich in sich«
Regisseur & Librettist David Bösch im Interview zu seiner neuen Kinderoper Musketiere!.
Herr Bösch, wie kam es dazu, dass Sie ausgerechnet die Musketiere als Stoff für eine Kinderoper gewählt haben?
Ich arbeite gern mit Stoffen, die viele Bearbeitungen erlebt haben. Sie haben bewiesen, dass sie zeitlos tragfähig sind. Die Musketiere gehören unbedingt dazu. Natürlich ist es eine klassische Abenteuergeschichte –
Mantel und Degen, bei uns vielleicht eher Laserschwert und Karotte. Aber dahinter steht etwas sehr Menschliches: der Wunsch, Teil einer Gemeinschaft zu sein, gemeinsam für Gerechtigkeit einzustehen und die Welt ein Stück besser zu machen. Das betrifft uns alle, egal, wie alt wir sind. Theater kann ein guter Ort sein, um genau dieses Gefühl von Mut und Selbstwirksamkeit zu vermitteln.
Ihre Inszenierung verbindet Abenteuer, Humor und eine Freundschaftsgeschichte mit philosophischen Momenten. Wie balanciert man diese Elemente für ein junges Publikum?
Ich möchte, dass Kinder genauso viel mitnehmen können wie Erwachsene. Humor, Spannung und ein paar gedankliche Funken sollen nebeneinander stehen. Vieles entsteht intuitiv, aber wir versuchen natürlich, Themen einzubauen, die Kinder und Jugendliche unmittelbar betreffen. Früher sprach man von popkulturellen Referenzen – aber die unterscheiden sich radikal je nach Generation. Kinder leben in einer anderen Fantasie- und Medienwelt als Erwachsene. Deshalb greifen wir bewusst Figuren, Geschichten und Empfindungen auf, die sie heute umgeben – aus Comics, Kinderbüchern oder animierten Serien. Das ist fantasievoll, und es wurde im »ernsten« Theater lange unterschätzt.
Welche Geschichten haben Sie selbst als Kind geprägt?
Astrid Lindgren war für mich wichtig – Mio, mein Mio und andere ihrer Heldinnen und Helden. Pippi Langstrumpf hat mir allerdings eher Angst gemacht; ich war nicht der wilde Pippi-Typ. Ich war eher wie Tommy Settergren, der zurückhaltende Junge, der genau beobachtet und staunend in Geschichten eintaucht. Zeichentrick spielte auch eine Rolle, aber das Angebot war damals viel schmaler. Heute reicht die Spanne von Ninjago bis Ronja Räubertochter. Und ich finde: Man braucht beides. Klassiker und zeitgenössische Fantasie. Ninjago etwa arbeitet mit archetypischen Mustern: eine fremde Welt, ein Lehrmeister, ein Abenteuer. Damit lässt sich schnell, humorvoll und pointiert erzählen. Pixar beherrscht das hervorragend – und Shakespeare konnte es auch: Geschichten, die alle Generationen erreichen. Genau das sollte Kinder- und Jugendtheater leisten.
Kinder verstehen oft mehr, als Erwachsene ahnen. Vielleicht, weil sie stärker im Fantastischen leben und weniger vom Alltag gebremst sind.
Was würden Sie Familien raten, die noch nie in der Kinderoper – oder überhaupt in der Oper – waren?
Ich würde sagen: Einfach kommen! Wer mit sechs Jahren zum ersten Mal in einer Kinderoper sitzt, könnte sofort Fan werden. Viele Menschen glauben, Oper sei lang und träge. Bei Kinderopern ist es genau umgekehrt: Sie sind kompakt, temporeich und voll äußerer Handlung. Das ist eine große Einladung an alle, die Oper zum ersten Mal ausprobieren wollen.